Drei sehr aufregende Klauseln zu Information- und IP-Pollution – Teil 1

Auf den ersten Blick sind NDAs (Non Disclosure Agreements / Verschwiegenheitsvereinbarungen) recht langweilige Angelegenheiten. So langweilig, dass bei ihrer Prüfung inzwischen künstliche Intelligenz (KI / AI) selbst Jura-Professoren schlägt – was natürlich nicht nur daran liegt, dass die Professoren schlecht sind, sondern auch daran, dass sie beim fünfzehnten NDA einschlafen.

Vom NDA lernen heißt siegen lernen

Schaut man dann genauer hin, dann kann man, meine ich, dennoch viel aus den Standards gutgemachter NDAs lernen und sie vor allem auch für andere Vertragstypen einsetzen. Oft für Lizenzverträge, aber auch Projekt- und Kooperationsverträge. Denn viele schlaue Dinge sind in Verschwiegenheitsvereinbarungen einfach deshalb normal, weil sie vor siebzehn Jahren einmal eine Lichtgestalt der Rechtsabteilung in die Vorlage aufgenommen hat. In Verträgen, die mangels Standardisierung gern von Grund auf neu gemacht werden, gehen diese Punkte dann meist unter.

Mir geht es heute um IP- und Informationsverschmutzung (IP / Information Contamination) und deren Verhinderung. Im – sehr – weiten Sinn meint das, bestimmte Informationen oder bestimmtes IP gar nicht haben zu wollen, jedenfalls seine Aufdrängung zu verhindern, und wenn man es schon hat, wenigstens keine Probleme zu bekommen.

Mithin, Sie ahnen es, um den Dreiklang Acknowledgement – Refusal – Residuals. Falls jemand dafür gute und gängige deutsche Bezeichnungen hat: gern her damit. Diese Punkte sind Standards in Verschwiegenheitsvereinbarungen. In vielen anderen Verträgen fehlen sie oft, obwohl sie ebenso wichtig wären.

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Danke, Windscheid!

Viele Laien meinen ja, dass Juristen sämtliche Gesetze auswendig dahersagen könnten. Natürlich ist dem nicht so: Meist hat der Anwalt nur eine grobe Idee davon, wo etwas zum Thema steht. Und das ist in Ordnung, denn im Gesetz kann man ja immer nachlesen.

Man muss das dann aber auch tun. Denn oftmals meint man, da stünde etwas, was dann bei genauer Betrachtung gar nicht da steht.

Mir widerfuhr es vor ein paar Tagen, dass eine Mandantin ganz kurz vor einem wichtigen Vertragsabschluss war. Und weil aus einer ganzen Reihe von Gründen extrem enge Deadlines im Raum standen, musste alles furchtbar schnell gehen. Schnell ist leider häufig das Gegenteil von gut oder gründlich und bekanntermaßen passieren Fehler immer dann, wenn man sie am allerwenigsten gebrauchen kann.

Eines der Probleme war, dass eine der Vertragsparteien, weil es ja, ich schrieb das, schnell gehen musste, so frisch gegründet war, dass es an Zahlungsinfrastruktur mangelte – man hatte schlicht noch kein Konto. Ohne Konto zahlt es sich aber schlecht, vor allem, wenn das Geld innerhalb von zwei Tagen bei der anderen Vertragspartei sein muss.

Das ist eine Stelle, an der die Parteien eine wirtschaftliche Lösung finden müssen und der Anwalt diese Lösung dann idealerweise geräuschlos umsetzt.

Die wirtschaftliche Lösung

Die Idee der Parteien: einer der Gesellschafter der Partei, die die Zahlung erhalten soll, zahlt anstelle der Schuldnerin und bekommt das Geld dann wieder, sobald die Schuldnerin zu Zahlungen technisch in der Lage ist. Bis dahin wird er vom Hauptgesellschafter der Schuldnerin per Bürgschaft gesichert.

Ob Sie das nun für sinnvoll halten oder nicht: so sollte es sein und so musste es rechtlich umgesetzt werden. Und zwar kurzfristig. Es war später Abend und die Parteien wollten die Verträge noch in derselben Nacht lesen und unterzeichnen. Da macht man als Anwalt also nur das, was absolut notwendig ist.

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Die Markentreuhand – Freude der Nische

Bekanntermaßen bin ich Freund von nicht alltäglichen Vertragstypen. Solche nämlich, bei denen man nicht gleich im ersten Formularbuch durch Blättern eine Vorlage oder auf der ersten Google-Ergebnisseite eine Checkliste findet.

Vor ein paar Tagen durfte ich mich mit einem Vertragstyp beschäftigen, der an der Grenze zu dieser Art von Obskurität steht. Für Spezialisten sicher nicht völlig ungewöhnlich, aber in der freien Wildbahn für den Normalanwalt doch eher selten zu beobachten: der Markentreuhandvertrag.

Das Schöne an einem „neuen“ Vertrag ist, dass man sich selbst mal wieder dabei zusehen darf, wie man an eine solche ungewohnte Aufgabe herangeht.

Ja, wie eigentlich?

Worum geht’s bei der Markentreuhand?

Wenn man kein Muster hat und sich einen Vertrag von Grund auf neu zusammenbauen muss, dann hilft es, sich auf die Grundlagen zu besinnen, die Essentialia. Nämlich darauf, was ein Vertrag so macht. Er beschreibt, was die eine Partei von der anderen will und was sie dafür gibt (Leistung und Gegenleistung).

Die Idee der Markentreuhand ist es, dass jemand eine Marke anmelden will, aber nicht selbst als Anmelder im Register erscheinen möchte. Das kann er aus guten Gründen nicht wollen, etwa, weil eine Werbekampagne einen Überraschungseffekt braucht oder weil man Wettbewerber nicht zu früh auf ein neues Produkt aufmerksam machen will. Der Möchtegern-Anmelder braucht also jemanden, der auf Zeit für ihn auftritt, einen Strohmann. Wir Juristen nennen solche Leute „Treuhänder“.

Der Witz an der Treuhand ist, dass der Treuhänder selbst die Marke anmeldet und nach außen auch voller Rechtsinhaber ist. Er „kann“ alles. Er „darf“ nur nicht, denn nach innen ist der dem Treugeber gegenüber gebunden. Veräußert er etwa die angemeldete Marke entgegen der Weisung des Treugebers an einen Dritten, dann wird der Dritte wirksam Inhaber der Marke; der Treuhänder hat aber eine Vertragsverletzung gegenüber dem Treugeber begangen.

Die Gegenleistung, also das, was der Treuhänder haben will, ist meist schlicht Geld.

Wenn man sich diese recht einfachen Punkte vergegenwärtigt hat, dann kann man die auch in einer Viertelstunde hinschreiben, und damit schlägt das Herz des Vertrages bereits.

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83 Seiten freudbehaftete Paypal-AGB und ein sterbender König

Nicht jeder hat Spaß am Lesen von AGB. Ich verstehe das zwar nicht, nehme es aber zur Kenntnis. Da weckt eine Überschrift wie „83 Seiten PayPal-AGB sind nicht per se zu viel“ (Titelschutzanzeiger vom 2.3.2020) natürlich erst einmal Interesse. Wenn schon niemand kurze AGB liest, wer liest dann 83 Seiten?

In der Sache hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband beim LG Köln beantragt, Paypal die Verwendung seiner AGB gegenüber Verbrauchern in Deutschland zu untersagen. Das LG wies die Klage ab, das OLG hat das nun bestätigt (Urt. v. 19.02.2020, Az. 6 U 184/19).

Das Argument der Verbraucherschützer ging dahin, dass die AGB schlicht zu lang und unverständlich seien. Ausgedruckt wären es 83 Seiten und ein durchschnittlicher Leser bräuchte 80 Minuten, um das alles zu lesen (die AGB sind zwischenzeitlich überarbeitet worden). In der Tat werfen solche langen AGB unter dem Transparenzgebot Fragen auf, § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB.

Ich habe auch erst geschluckt, denn das ist wirklich viel Text. Zumal 80 Minuten Lesezeit ja nicht gleich Verstehenszeit ist. Jeder, der juristische Texte liest, weiß, dass man das auch zwei- oder dreimal tun muss, um die Hälfte eines Drittels zu verstehen und sich davon ein Achtel zu merken.

LG und OLG argumentierten aber, dass Paypal sehr komplexe Transaktionen ermögliche, und diese Komplexität eben irgendwo auch geregelt werden müsse. Verbraucher könnten ja Zahlungen nicht nur senden, sondern auch empfangen. Dazu werden Banken und Kreditkartenunternehmen eingebunden. Und das Ganze funktioniert auch noch weltweit.

Leider habe ich noch keinen Volltext der Entscheidung gefunden. Und noch leiderer sind die AGB von Paypal inzwischen überarbeitet worden. Aber jedenfalls diese neuen AGB habe ich mir einmal angesehen und meine: die Gerichte haben recht.

Verbraucher als Götter

Paypal erlaubt es, ziemlich komplexe Dinge abzuwickeln.

Der Verbraucher kann weltweit, schnell, günstig, unkompliziert und (relativ) sicher Geld in allen möglichen Währungen an Unternehmen und Privatpersonen versenden. Vor noch nicht übertrieben langer Zeit hätte man solche Dinge etwa per Scheck abwickeln müssen (für die Jüngeren: das war ein Stück Papier, das man per Post verschicken musste. Richtige Post, nicht E-Mail). Wer so alt ist, sich an die 90er zu erinnern, der kennt vielleicht noch die Diskussionen darüber, ob globaler E-Commerce jemals möglich sein werde – ohne schnelle Micropayments ginge das ja gar nicht.

Geht nun.

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Was will “for the avoidance of doubt”?

Verträge sollen klar und eindeutig sein. Manchmal ist das gar nicht so einfach. Regelungen sind zwar kurz, aber missverständlich oder erschließen sich nicht ohne Hintergrundwissen. Oft findet man in Verträgen daher kleine erklärende Regelungen, die mit Phrasen wie „zur Klarstellung“ oder „zur Vermeidung von Missverständnissen“ eingeleitet werden. Sehr viel verbreiterter ist das Phänomen, wohl aus Gründen der Vertragskultur, in englischsprachigen Verträgen, dann als „for the avoidance of doubt“.

Weil das so häufig ist und weil, offen gestanden, auch mein Klauselbestand diesbezüglich im Englischen mehr hergibt, schauen wir uns nachfolgend einige englischsprachige Fälle an, in denen die Phrase passt. Und natürlich stellen wir auch fest, wo das nicht der Fall ist und man sie besser weglässt.

Der Vertrag legt sich selbst aus

In den klassischen Fällen der Verwendung von „for the avoidance of doubt“, will man etwas klarstellen, das sonst missverständlich sein könnte. Im Fall von Unklarheiten greift die Vertragsauslegung, und da kann vieles herauskommen, und nicht unbedingt das, was die Parteien beabsichtigt hatten. Daher schreibt man eine Richtlinie zur richtigen Auslegung gleich in den Vertrag mit hinein, kommentiert den gewissermaßen. Die Grenzen zur „eigentlichen“ Regelung sind fließend, aber was man sagt ist: „das, was ich jetzt erkläre, ist oben eigentlich schon gesagt, aber wir können das noch ein wenig erläutern, gern auch mit einem Beispiel.“

Und wo wir bei Beispielen sind, hier wäre eines:

“For the avoidance of doubt, the confidentiality obligations under this Agreement shall not be interpreted so as to prevent the communication of any information: (hier kommen jetzt die Fälle, in denen die Geheimhaltungspflicht eben nicht greifen soll, AT)”

Ein anderes Beispiel, bei dem es um die Klarstellung des Umfangs einer Definition geht:

“For the avoidance of doubt, Software may be Knowledge or Pre-Existing Know-How.”

Man stellt klar, dass die (im Vertrag definierten) Begriffe „Knowledge“ oder „Pre-Existing Know-How“ auch „Software“ umfassen können. Das muss nicht jeder ohne Weiteres so sehen, aus dem reinen Wortsinn ergibt es sich jedenfalls nicht.

Wir meinen das wirklich so!

In anderen Fällen will man mit „for the avoidance of doubt“ aber sagen: „Das mag beim Lesen seltsam klingen, aber es ist wirklich genau das, was wir gemeint haben. Wir haben lange darüber nachgedacht, wir wissen, was wir tun, also bitte versuch nicht, es anders auszulegen, als es dasteht!“ Oder, weil wir heute so viele englischssprachige Klauseln haben: „This may sound odd, but it is really, really, really what we meant”.

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Zwei- bzw. mehrdeutige Formulierungen bzw. Klauseln erkennen bzw. vermeiden

Verträge leben von gedanklicher und sprachlicher Präzision. Es soll klar sein, wer was wann wie tun muss. Diese Klarheit brauchen zunächst die Parteien. Was gewollt ist muss aber, sollte im Vertragsverhältnis der Blitz einschlagen, auch ein Gutachter oder ein Gericht erkennen können. Dritte also. Die lesen den Vertrag und legen ihn, so das nötig ist, auch aus, §§ 133, 157 BGB.

Nun ist es keineswegs immer einfach oder auch nur möglich, so präzise wie gewünscht zu formulieren. Die Zukunft ist ungewiss und auf viele Dinge, die passieren können, kommt man vorab auch mit viel Phantasie nicht. Umso wichtiger scheint mir zu sein, zu den unvermeidbaren Unschärfen nicht noch solche hinzuzufügen, die einfach nur sprachlicher Nachlässigkeit entspringen und leicht vermeidbar wären.

Sprechen wir hierzu doch mal über das Wörtchen „beziehungsweise“ bzw. „bzw.“.

Wissen Sie, was „bzw.“ genau bedeutet? Der Duden meint: „oder“, „oder vielmehr“, „genauer gesagt“, und „und im anderen Fall“. Es kann aber, wenn sie weitergoogeln oder selbst nachdenken, auch „und/oder“ oder „respektive“ heißen.

Solche schillernden Wörter sind sehr nützlich. Im Duden findet sich der Beispielsatz: „Ihre Tochter und ihr Sohn sind sechs beziehungsweise acht Jahre alt.“ Das ist schön kurz. Die längere Variante wäre allerdings genauer: „Ihre Tochter ist sechs und ihr Sohn acht Jahre alt.“

Und da sind wir beim Punkt: Vielseitigkeit ist gefährlich. Gerade in Verträgen. Schauen wir uns doch mal ein paar Beispiele aus zwei Verträgen an, die ich gerade lese, eine Softwarelizenz und ein Handelsvertretervertrag. Nicht überragend aufregend, aber gerade deshalb vielleicht ganz informativ.

„Sollte durch diesen Vertragstext ein regelungsbedürftiger Punkt nicht erfasst sein, so gelten ergänzend die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 84 ff. HGB bzw. die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze.“

Ich behaupte, dass das „bzw.“ hier „und“ heißen soll. Die §§ 84 ff. HGB gelten im Handelsvertag immer, und die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze lassen sich auch schlecht einfach so wegwünschen.

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Zum Sinn von Verträgen

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, warum Sie eigentlich Verträge schließen? Ich meine jetzt nicht den Semmelkaufvertrag. Klar: Sie wollen eine Semmel, und die bekommen Sie, wenn Sie nicht klauen wollen, nicht ohne Kaufvertrag. Sondern: große Verträge. Projektgeschichten.

Oft wird Sinn und Zweck eines Vertrages vor allem darin gesehen, dass er „halten müsse, wenn etwas schief läuft“. Er soll einklagbar sein, Positionen sichern. Im Krisenfall dient er so verstanden im Wesentlichen dazu, als „Drohmittel“ eingesetzt zu werden. Umgekehrt müsste man, sähe man das als einzigen Zweck einer Übereinkunft an, sich eigentlich ins Lager derer stellen, die meinen, solange man sich gut verstehe, brauche man gar keinen Vertrag oder dieser könne jedenfalls „in der Schublade verschwinden“ und werde im besten Falle nie wieder hervorgeholt.

Und in der Tat: so lesen sich viele Verträge. Da stehen jede Menge Drohungen drin. Wie viel Schadenersatz man verlangen kann. Oder Vertragsstrafen. Wo man wen verklagen darf. Nach welchem Recht. Nun ist das alles natürlich nicht falsch, aber es liest sich bedrohlich, vor allem aber kann es nicht alles sein.

Tatsächlich hat ein Vertrag noch eine sehr viel wichtigere Funktion: er soll festhalten und nachprüfbar machen, was die Parteien miteinander abgemacht haben. Er soll die Spielregeln festlegen; als Referenz dienen und so dafür sorgen, dass man sich auch weiterhin gut versteht. Jede Partei soll nachschlagen können und muss selbst verstehen, was in einer bestimmten Situation zu tun ist. Das ist besonders bei Projektverträgen wichtig, die ja einen Mangel an inhaltlicher Bestimmtheit der Leistung durch besondere Formalität von Verfahren und Kommunikation wettmachen.

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Das deutsche Recht zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) im B2B-Bereich ist ein Standortnachteil

Ich berate recht häufig internationale Mandanten. Oft sind das Unternehmen aus dem Tech-Bereich, die eine Leistung nunmehr auch an den gehobenen deutschen Mittelstand vertreiben wollen. Erst letztlich war das ein Unternehmen, mit dessen Produkt sich eine Reihe von Kennzahlen im IT-Bereich sehr gut quantitativ erfassen lassen. Als Kunden sieht man Unternehmen, die ein IT- und Marketingbudget im Millionenbereich haben.

Nun ist der deutsche Mittelstand – zu Recht – konservativ. Meine Mandantin sah es daher aus Gründen der Verkaufsförderung als geboten an, nicht nur ihre Verträge in die deutsche Sprache zu übersetzen, sondern auch deutsches Recht und sogar deutsche Gerichtsstände zu vereinbaren.

Ich verstehe das gut. Der Mittelstand sitzt nicht in München, sondern in der Provinz, und die CEO hat nicht in St. Gallen studiert und einen MBA aus London, sondern ist die Enkelin des Gründers. Und so ist das auch gut, denn im Zusammenfallen von Eigentum und Führungsverantwortung funktioniert das System. Aber das hat eben auch etwas erdiges, heimatiges – da kommt kalifornisches Recht einfach nicht gut an.

Schon im Beratungsgespräch, spätestens aber bei der Durchsicht des ersten Entwurfs, kommt es dann oft zum Augenreiben: der neue, deutsche Vertrag ist meist keineswegs „nur“ eine Übersetzung und sanfte Anpassung des ansonsten inhaltsgleichen Ur-Vertrages, sondern gewissermaßen eine Neufassung. Gerade bei der Verteilung der Risiken, also Haftung, Freizeichnungen, Vertragsstrafen etc., bleibt kein Stein auf dem anderen.

Der Grund dafür liegt im deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).

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Eine kleine Notiz zur Rechtswahl in NDAs (und auch sonst)

Jeder kennt und liebt NDAs (Non Disclosure Agreements / Verschwiegenheitserklärungen). Die werden gern und zu allen möglichen Gelegenheiten ausgetauscht, sind meist standardisiert und werden daher nicht jedes Mal neu gelesen oder gar im Detail verhandelt. Man hat die einfach in der Schublade, meist kopiert und ein wenig angepasst aus dem Internet, und das alles ist schon ein paar Jahre her. Das ganze Dokument besteht im Wesentlichen aus Boilerplates.

Die Freuden der wirtschaftlichen Überlegenheit

Verhandelt werden oft nur drei Dinge: erstens, wie hoch die Vertragsstrafe bei einer Verletzung ist, zweitens, wo der Gerichtsstand ist, und drittens, welches Recht angewendet werden soll. Über letzteres wird nicht lange nachgedacht, in aller Regel bestimmt das einfach die wirtschaftlich überlegene Partei. Es ist halt „unser“ Recht anzuwenden, und das am besten durch „unser“ Heimatgericht.

Der Gedanke, beim Heimatgericht nach heimischem Recht zu verhandeln, ist kein schlechter, denn es gibt in der Tat den „Heimvorteil“, auch wenn die Justiz das nicht gern zugibt. Dennoch empfiehlt es sich, hier noch einmal nachzudenken. Denn was wollen Sie bei einer Verletzung eines NDA als verletzte Partei erreichen? Schadenersatz ist ja gut und schön, aber erst mal wollen Sie, dass es aufhört. Unterlassung. Am besten im Wege einer einstweiligen Verfügung. Die bekommen Sie, wenn es ganz schnell gehen muss, mehr oder weniger sofort. Ich selbst bin schon zu Gericht gegangen und habe mir am Nachmittag eine am Vormittag beantragte Verfügung abgeholt. Das ist großartig.

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Wüste Texte vs. strukturierte Dokumente in der Juristerei

Ich bin großer Fan davon, dass Leute, die etwas produzieren oder eine Dienstleistung erbringen, eine grobe Ahnung davon haben, wie ihr Werkzeug funktioniert. Wenn Sie Frisör sind, dann finde ich es gut, wenn Sie wissen, wie die Schere zu halten ist. Wenn Sie Bauarbeiterin sind, meine ich, ist es eine gute Idee, wenn Sie verstehen, wie Sie mit der Mörtelkelle umzugehen haben. Als Zahnarzt können Sie vermutlich den Bohrer bedienen. Falls nicht: probieren Sie mal den Fußschalter aus!

Nur Anwälte, die können, von Ausnahmen abgesehen, mit MS Word nicht umgehen. Und bevor Sie laut schimpfen: Nein, Libre Office ist sympathisch aber nicht dasselbe, und nein, auch das beherrschen Anwälte nicht gut. Besser noch: was der Anwalt nicht kann, das schafft das Backoffice dann auch nicht.

Gestatten Sie mir folgende kleine Anekdote:

In einem etwas komplexen Meeting verhandelten wir einen Vertrag. Der Entwurf, auf Papier vorliegend, hatte 43 Paragrafen mit verschiedenen Querverweisen innerhalb des Dokumentes („§ 3 Abs. 2 bleibt unberührt“).

Kurz vor Mittag war man endlich der Einigung nahe und verständigte sich auf ein paar Anpassungen im Term Sheet und einige redaktionelle Änderungen im Text. Letztere bestanden u.A. daraus, dass § 3 in zwei Paragrafen unterteilt werden sollte. Alle nachfolgenden Paragrafen verschoben sich also um „eins nach hinten“, und damit auch alle Querverweise im Dokument.

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