Die Markentreuhand – Freude der Nische

Bekanntermaßen bin ich Freund von nicht alltäglichen Vertragstypen. Solche nämlich, bei denen man nicht gleich im ersten Formularbuch durch Blättern eine Vorlage oder auf der ersten Google-Ergebnisseite eine Checkliste findet.

Vor ein paar Tagen durfte ich mich mit einem Vertragstyp beschäftigen, der an der Grenze zu dieser Art von Obskurität steht. Für Spezialisten sicher nicht völlig ungewöhnlich, aber in der freien Wildbahn für den Normalanwalt doch eher selten zu beobachten: der Markentreuhandvertrag.

Das Schöne an einem „neuen“ Vertrag ist, dass man sich selbst mal wieder dabei zusehen darf, wie man an eine solche ungewohnte Aufgabe herangeht.

Ja, wie eigentlich?

Worum geht’s bei der Markentreuhand?

Wenn man kein Muster hat und sich einen Vertrag von Grund auf neu zusammenbauen muss, dann hilft es, sich auf die Grundlagen zu besinnen, die Essentialia. Nämlich darauf, was ein Vertrag so macht. Er beschreibt, was die eine Partei von der anderen will und was sie dafür gibt (Leistung und Gegenleistung).

Die Idee der Markentreuhand ist es, dass jemand eine Marke anmelden will, aber nicht selbst als Anmelder im Register erscheinen möchte. Das kann er aus guten Gründen nicht wollen, etwa, weil eine Werbekampagne einen Überraschungseffekt braucht oder weil man Wettbewerber nicht zu früh auf ein neues Produkt aufmerksam machen will. Der Möchtegern-Anmelder braucht also jemanden, der auf Zeit für ihn auftritt, einen Strohmann. Wir Juristen nennen solche Leute „Treuhänder“.

Der Witz an der Treuhand ist, dass der Treuhänder selbst die Marke anmeldet und nach außen auch voller Rechtsinhaber ist. Er „kann“ alles. Er „darf“ nur nicht, denn nach innen ist der dem Treugeber gegenüber gebunden. Veräußert er etwa die angemeldete Marke entgegen der Weisung des Treugebers an einen Dritten, dann wird der Dritte wirksam Inhaber der Marke; der Treuhänder hat aber eine Vertragsverletzung gegenüber dem Treugeber begangen.

Die Gegenleistung, also das, was der Treuhänder haben will, ist meist schlicht Geld.

Wenn man sich diese recht einfachen Punkte vergegenwärtigt hat, dann kann man die auch in einer Viertelstunde hinschreiben, und damit schlägt das Herz des Vertrages bereits.

Wenn’s Ärger gibt

Marken machen nicht nur Arbeit, sondern oft auch ganz schön Ärger. Sie sind ein wertvolles und knappes Gut. Vorhandene Marken werden daher von ihren Inhabern und deren Anwälten oft besser bewacht als der Ring von Sauron. Viele Rechteinhaber haben Markenüberwachungen, die Alarm schlagen, sobald Markenanmeldungen auftauchen, die den eigenen Zeichen zu ähnlich sind. Und dann wird gestritten: mit Widersprüchen gegen die Eintragung, mit Abmahnungen oder dem Verlangen nach Abgrenzungsvereinbarungen.

Als Markeninhaber ist das ein Risiko, mit dem man leben muss, weil man auf der anderen Seite ja die Chance der Marke hat. Das trifft für den Treuhänder aber nicht zu. Verständlicherweise will er das Ärgerpotential nicht haben. Er wird daher eine volle Freistellung auf erstes Anfordern von Ansprüchen Dritter verlangen. Und das ist fair, muss also in jedem Fall in den Vertrag.

Nur die Wurst hat zwei

Die Markentreuhand soll in aller Regel nicht ewig gehen, sondern in der Übertragung der Marke enden. Die Marke gehört aber dem Treuhänder, nicht dem Treugeber. Letzterer wird also daran interessiert sein, die Übertragung jederzeit und ohne viel Federlesen herbeiführen zu können.

Die Zustimmung zur Übertragung kann er im Markentreuhandvertrag bereits erklären. Allerdings muss man beim DPMA (oder sonst zuständigem Markenamt) die Eintragung des Rechteüberganges auch beantragen. Das Formular muss auch der Alt-Rechteinhaber zeichnen, und das ist der Treuhänder. Es muss sichergestellt werden, dass das auch geschieht.

Das kann man auf verschiedene Weisen lösen. Ich meine, dass es am einfachsten ist, wenn man ihn die Unterschrift einfach schon auf einem bis auf das Datum ausgefüllte Formular leisten lässt. Technisch sauberer wäre wohl eine unwiderrufliche Vollmacht, die Rechteübertragung jederzeit für den Treuhänder zeichnen zu können.

Da war doch noch mehr

Ein paar Sachen, die noch dazugehören, gibt es dann doch auch noch zu regeln. Das betrifft etwa die Fragen (willkürliche Auswahl):

  • wann und wie und wo die Leistungen erbracht werden,
  • Pflichten des Treuhänders, den Treugeber über Entwicklungen die Marke betreffend auf dem Laufenden zu halten,
  • welche Nebenpflichten es gibt.

Gerade der letzte Punkt ist nicht ohne, denn man braucht hier in aller Regel umfangreiche Verschwiegenheitspflichten. Es geht ja gerade darum, dass der Rechtsverkehr nicht sieht, wer wirtschaftlich hinter der Marke steht. Der Treuhänder muss also auch Stillhalter sein.

Miscellaneous

Zuletzt ist auch ein exotischer Vertrag nur ein Vertrag. Also gibt es am Ende die beliebte Kategorie „Allgemeines“. Hier regelt man spannende Fragen, wie etwa

  • den Ausschluss von Zurückbehaltungsrechten,
  • Formerfordernisse,
  • das Recht, dem der Vertrag unterliegen soll, sowie meist
  • einen Gerichtsstand.

Das alles sind Punkte, die man sich nicht jedes Mal neu ausdenkt, sondern die man als „Boilerplates“ fix aus der Vorlagensammlung zieht. Auf diese Weise kann man übrigens die „Angst vor dem leeren Blatt“ überwinden: wenn Rubrum und Boilerplates stehen, dann hat man schnell eine knappe Seite Vertragstext beisammen und ist nach diesen leichten Tätigkeiten meist gut im Thema angekommen. Ich fange oft genau so an: von hinten nämlich.

Fazit

Ich finde es recht erfrischend, ab und an einen unbekannten Vertrag von Grund auf neu zu schreiben. Ohne Muster. Ohne Checkliste. Einfach mit der Besinnung darauf, was ein Vertrag ist und was man regeln sollte, damit der von den Parteien gewollte Zweck sicher erreicht wird. Man bleibt geistig frisch und besinnt sich wieder auf das Wesentliche.

Apropos: habe ich etwas Wichtiges übersehen? Was schlagen Sie vor, in den Markentreuhandvertrag noch aufzunehmen? Wie sind Ihre Erfahrungen damit? Schreiben Sie das doch in einem Kommentar, wenn Sie mögen!

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