Wie funktioniert ein Wandeldarlehen zur Finanzierung von Start-ups?

Leckere Erdbeeren als Symbol für ein Wandeldarlehen - warum denn auch nicht?

Möglichkeiten, wie einem Start-up – oder auch einem gestandenen Unternehmen – Geld zugeführt werden kann, gibt es viele. Eines der gerade in der Venture-Capital-Szene immer beliebteren Instrumente ist das Wandeldarlehen (Convertible Loan). Grund genug, sich Hintergrund Gestaltung, Mechanik, Vor- und Nachteile gegenüber anderen Formen und einige weitere Gesichtspunkte einmal anzusehen.

Das Problemfeld: Stochern im Nebel bezüglich der Bewertung

In einer klassischen Finanzierungsrunde einigen sich Gründer und Investoren auf eine Bewertung des Unternehmens (Pre-money Valuation), auf deren Basis sich die Investoren dann einkaufen, indem das Start-up per Kapitalerhöhung neue Anteile ausgibt und die Investoren diese beziehen.

Das ist eine simple Mechanik, die aber voraussetzt, dass das Start-up halbwegs vernünftig bewertet werden kann. Oft ist aber genau das nicht möglich.

  • Vielleicht, weil das Unternehmen schlicht so jung ist, dass nicht mal der Ansatz einer Bewertung gefunden werden kann.
  • Möglicherweise aber auch, weil jedenfalls der konkrete Investor sich die Preisfindung nicht zutraut.
  • Oft kommt oft auch der Fall vor, dass eine „große“ Finanzierungsrunde kurz bevorsteht, aber bis dahin eine Zwischenfinanzierung gebraucht wird, die dann aber nicht den Preis vorwegnehmen soll.
  • Zuletzt muss es manchmal auch einfach schnell gehen und niemand hat Zeit für eine aufwändige Due-Diligence und Unternehmensbewertung.

Es braucht mithin eine Möglichkeit, dem Start-up Geld bereitzustellen, ohne bereits die Bewertung festzulegen. Genau das kann das Wandeldarlehen (auf gut deutsch auch „Convertible Loan“).

Verlagerung der Unternehmensbewertung – ein Standard im VC-Bereich

Das Wandeldarlehen verlagert die Bewertung des Start-ups in die Zukunft. Dann kann vielleicht klarer gesehen werden, wie gut das Unternehmen am Markt agiert, wie schnell es wächst, wie gut seine Produkte angenommen werden. Oder man lagert die Arbeit der Unternehmensbewertung an einen späteren Lead-Investor aus, der mit viel Sachverstand, Erfahrung und einem Team eine Due-Diligence durchführt.

Die Idee ist es, dem Start-up Geld in Form eines Darlehens zuzuführen. Erst im Fall eines Conversion Events, in der Praxis eine Finanzierungsrunde oder ein Exit, wird der Rückzahlungsanspruch in Anteile am Unternehmen umgewandelt. Während bei der klassischen Finanzierung Geld gegen Equity also bereits klar ist, wie viele Anteile der Investor bekommt, wird beim Wandeldarlehen erst einmal nur bestimmt, wie viel Geld das Unternehmen erhält. In welchem Umfang der Investor dafür Equity erhält, wird erst später festgelegt: in gewisser Weise eine Leistungsbestimmung durch Dritte. Das alles wird in ein Darlehen eingekleidet, um einen Fall-back-Mechanismus zu haben, falls es nicht zur Umwandlung der Finanzspritze in Anteile kommt.

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Sprechen wir über Service Level Agreements (SLA)

Der von Juristen vermutlich am wenigsten geliebte Vertragstyp ist das Service Level Agreement, kurz: SLA. Der Grund für die mangelnde Zuneigung dürfte sein, dass das SLA, jedenfalls auf den ersten Blick, nicht wirklich nach juristischer Fingerfertigkeit zu rufen scheint, sondern nach reiner Leistungsbeschreibung aussieht. Es klingt damit eher nach einem Dokument, das in die Hand der Fachabteilung gehört. Dass Service Level Agreements vor allem im komplexen IT-Bereich vorkommen, vertieft die Abneigung noch zusätzlich.

Zu kurz gesprungen, wie ich meine.

Was genau ist das denn, dieses SLA?

Wenn Sie sich die Mühe machen, das allseits beliebte BGB – oder ein beliebiges anderes Gesetz – nach dem Begriff „Service Level Agreement“ zu durchsuchen, dann werden Sie dort nicht fündig werden. Allerdings werden Sie vermutlich auf den Begriff „Dienstvertrag“ stoßen, der verdächtig an das Wort „Service“ erinnert. Und ganz falsch ist das nicht: ein Aspekt eines SLA ist es typischerweise, zu definieren, was für eine Leistung denn nun genau unter einem Dienstvertrag geschuldet ist und in welcher Qualität die Leistung erwartet werden darf.  

Aber SLAs finden sich nicht nur im Dienstvertrag. Der Begriff „Service“ im „Service Level Agreement” darf weit verstanden werden: das kann auch Werk- oder Mietleistungen betreffen und sogar kaufvertragliche Bestandteile erfassen. Das SLA transzendiert damit die Vertragstypologie des BGB. Das ist auch gut so, denn gerade IT-Verträge lassen sich oft nur mit Mühe in dieses gesetzliche Schema einordnen.

Richtig und wichtig unter diesem Gesichtspunkt ist ein SLA aus zwei Gründen

Wenig, wenig sagt das BGB zum Leistungsinhalt

Zunächst stellt das Gesetz nur sehr unzureichende Regelungen dazu bereit, was denn eigentlich genau als Leistung geschuldet ist. Es sagt nämlich in § 243 BGB nur, dass eine Leistung „mittlerer Art und Güte“ geschuldet ist. Mithin sagt es praktisch nichts.

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Warum Sie ein Shareholders‘ Agreement / eine Gesellschaftervereinbarung brauchen. Ganz im Ernst.

Erstaunlich häufig sehe ich im Mandantenkreis, aber auch bei diversen Gründern, die ich privat kenne, dass gerade in der Friends-and-Family-Phase oder in einer ersten Pre-Seed-Runde Anteile am Unternehmen „nackt“ ausgegeben werden. Also ohne einen Beteiligungsvertrag und ohne, dass der Investor Partei eines Shareholders‘ Agreements / einer Gesellschaftervereinbarung wird.

Erstmal geht das rein technisch: einfach neue Anteile per Kapitalerhöhung schaffen und dann für den Nominalbetrag plus Zahlung in die Kapitalrücklage übertragen. Fertig.

Natürlich ist das hochgradig fahrlässig. Aber warum genau eigentlich?

Worum geht es dabei?

Das Investment Agreement / der Beteiligungsvertrag regelt das Verhältnis des Investors zur Gesellschaft und oft auch den bestehenden Gesellschaftern (die auch Parteien des Vertrages werden). Das Shareholders‘ Agreement / die Gesellschaftervereinbarung regeln das Verhältnis der Gesellschafter untereinander. Beide Verträge sind sowohl bei der GmbH als auch der AG üblich.

Gerade bei Start-ups, die Exit-orientiert sind, also irgendwann verkauft werden sollen, ist die Satzung nämlich nicht ausreichend, um alle Regelungen zu treffen, die zur Vorbereitung eines solchen Exits sinnvoll sind. Das liegt zum einen daran, dass sich manche Regelungen in der Satzung (gerade bei der Aktiengesellschaft) gar nicht treffen lassen; aber auch daran, dass die Satzung ja über das Handelsregister öffentlich einsehbar ist, man bestimmte Regelungen aber nicht jedem zugänglich machen will. Zuletzt lässt sich ein rein schuldrechtlicher Vertrag auch einfach ändern, wobei hier zu beachten ist, dass eine Gesellschaftervereinbarung in vielen Fällen der notariellen Form bedarf.

Die Grundidee ist es, Investments und Gesellschaft so zu gestalten, dass ein fairer Ausgleich der Interessen der bestehenden Gesellschafter und des einsteigenden Investors gefunden wird. Gleichzeitig – und vielleicht noch wichtiger – muss die Gesellschaft „in Form“ gehalten werden, um einen zukünftigen Exit nicht zu erschweren. Ein übervoller Cap-Table, Erpressungen durch Minderheitsgesellschafter oder ein undurchdringbares Dickicht von Liquidationspräferenzen, Earn-outs, Sonderrechten und virtuellen Anteilen machen einen Kauf nämlich oft zum Blindflug und damit unattraktiv.

Oft werden beide Verträge auch in nur einem Dokument fixiert, dann eben ein Inverstors‘ und Shareholders‘ Agreement / Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung. Viele Regelungen können auch in dem einen oder anderen Dokument getroffen werden, die Grenzen sind hier fließend – wir haben ja nicht umsonst Vertragsfreiheit.

Investment Agreement / Beteiligungsvertrag

Der Investor steigt in der Regel in eine bereits bestehende Gesellschaft mit existierenden Strukturen und einer für ihn nicht ohne weiteres ersichtlichen Vergangenheit ein. Er hat also ein großes Bedürfnis, einige Regelungen zu treffen, um die Beteiligung zu schützen.

Die Beteiligung und was damit zusammenhängt

Im Mittelpunkt steht natürlich die Umsetzung der Beteiligung als solcher.

  • Wie hoch ist die Beteiligung,
  • wie viele Anteile werden dafür erworben, und
  • zu welchen Bedingungen geschieht das?
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Erkenntnisse durch CO2 Removal Forward Agreements

Beim Schreiben von Verträgen stellt man immer wieder fest, dass es nicht schaden kann, sich mit dem Sachthema auszukennen, das in der Vereinbarung behandelt wird. Wenn man sich dann da ein wenig eingräbt, bemerkt man oft im zweiten Schritt, dass es nichts Neues unter der Sonne gibt. Was unzweifelhaft gut ist: so können wir Juristen vertraute Werkzeuge verwenden, was der Vertrags- und Rechtssicherheit typischerweise zuträglich ist.

In den letzten Tagen hatte ich mit einem Terminvertrag über Kohlendioxyd-Gutschriften / CO2-Zertifikaten (CO2 Removal Forward Agreement) zu tun. In der Sache geht es bei der Technologie darum, CO2 und andere Treibhausgase aus der Atmosphäre zu entfernen und darauffolgend zu speichern. Hierüber werden dann Gutschriften ausgestellt. Diese können an Unternehmen verkauft werden, die CO2 emittieren wollen und hierfür eben diese Gutschriften benötigen: manche aus rechtlichen Gründen, andere einfach, weil sie CO2-neutral wirtschaften wollen. Das wiederum geschieht häufig gemischt aus echter Sorge um Klima und Planet, aber auch, weil es durchaus werbewirksam ist.

Der Fall hatte noch den zusätzlichen Twist einer Risikokomponente: die Technologie, die CO2-Gutschriften zu erzeugen, wird gerade erst entwickelt. Der Käufer erwirbt derzeit nicht die Gutschrift selbst, sondern eine Anwartschaft darauf. Die Idee aus Firmensicht ist es, bereits jetzt Geld einzusammeln, um die Technologie fertig zu entwickeln und zu zertifizieren. Im Prinzip ist das eine Art Kickstarter-Finanzierung. Man bekommt Mittel, muss aber weder Firmenanteile herausgeben noch Kredite aufnehmen, indem man ein zukünftiges Produkt verkauft. Das Schöne an diesem Produkt wiederum ist, dass es ein börsengehandeltes Commodity ist, also für einen Marktpreis mehr oder weniger reibungslos verkauft werden kann. Damit die CO2-Gutschriften tatsächlich handelbar werden, muss das ausstellende Unternehmen und eben dessen genutzte Technologie zuvor aber von einer geeigneten Stelle zertifiziert werden: der Käufer eines Zertifikats muss sich ja darauf verlassen können, dass tatsächlich Kohledioxyd aus der Atmosphäre entfernt wurde, damit er, nunja, wieder neues hineinblasen kann, ohne rechtliche Pflichten zu verletzten oder irreführend mit Klimaneutralität geworben zu haben.

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Die Markentreuhand – Freude der Nische

Bekanntermaßen bin ich Freund von nicht alltäglichen Vertragstypen. Solche nämlich, bei denen man nicht gleich im ersten Formularbuch durch Blättern eine Vorlage oder auf der ersten Google-Ergebnisseite eine Checkliste findet.

Vor ein paar Tagen durfte ich mich mit einem Vertragstyp beschäftigen, der an der Grenze zu dieser Art von Obskurität steht. Für Spezialisten sicher nicht völlig ungewöhnlich, aber in der freien Wildbahn für den Normalanwalt doch eher selten zu beobachten: der Markentreuhandvertrag.

Das Schöne an einem „neuen“ Vertrag ist, dass man sich selbst mal wieder dabei zusehen darf, wie man an eine solche ungewohnte Aufgabe herangeht.

Ja, wie eigentlich?

Worum geht’s bei der Markentreuhand?

Wenn man kein Muster hat und sich einen Vertrag von Grund auf neu zusammenbauen muss, dann hilft es, sich auf die Grundlagen zu besinnen, die Essentialia. Nämlich darauf, was ein Vertrag so macht. Er beschreibt, was die eine Partei von der anderen will und was sie dafür gibt (Leistung und Gegenleistung).

Die Idee der Markentreuhand ist es, dass jemand eine Marke anmelden will, aber nicht selbst als Anmelder im Register erscheinen möchte. Das kann er aus guten Gründen nicht wollen, etwa, weil eine Werbekampagne einen Überraschungseffekt braucht oder weil man Wettbewerber nicht zu früh auf ein neues Produkt aufmerksam machen will. Der Möchtegern-Anmelder braucht also jemanden, der auf Zeit für ihn auftritt, einen Strohmann. Wir Juristen nennen solche Leute „Treuhänder“.

Der Witz an der Treuhand ist, dass der Treuhänder selbst die Marke anmeldet und nach außen auch voller Rechtsinhaber ist. Er „kann“ alles. Er „darf“ nur nicht, denn nach innen ist der dem Treugeber gegenüber gebunden. Veräußert er etwa die angemeldete Marke entgegen der Weisung des Treugebers an einen Dritten, dann wird der Dritte wirksam Inhaber der Marke; der Treuhänder hat aber eine Vertragsverletzung gegenüber dem Treugeber begangen.

Die Gegenleistung, also das, was der Treuhänder haben will, ist meist schlicht Geld.

Wenn man sich diese recht einfachen Punkte vergegenwärtigt hat, dann kann man die auch in einer Viertelstunde hinschreiben, und damit schlägt das Herz des Vertrages bereits.

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